Ein Leben für die sächsische Landesvermessung
Vor 150 Jahren wurde der Vermessungsdirektor Hans von Zanthier geboren
Er gilt als Legende unter Geodäten – von der Kaiserzeit bis Mitte der 1940er Jahre war Hans von Zanthier eine der einflussreichsten Persönlichkeiten seiner Branche. Insgesamt 24 Jahre lang war er Chef aller sächsischen Topographen und gilt bis heute als derjenige, der nach Ende des Zweiten Weltkriegs im schwer zerstörten Dresden für die sächsische Vermessungsverwaltung einen neuen Standort fand. Ein ehemaliges Militärgebäude am Olbrichtplatz ist dank Hans von Zanthier seit knapp 80 Jahren Sitz der Behörde – dem heutigen Landesamt für Geobasisinformation Sachsen (GeoSN).
Geboren wurde Zanthier am 7. März 1875 – also fast auf den Tag genau vor 150 Jahren – als Sohn eines Gerichtsassessors in Annaberg im Erzgebirge. Nachdem er in Freiberg die Reifeprüfung abgelegt hatte, trat er 1894 als Fahnenjunker in die sächsische Armee ein und wurde im Jahr darauf zum Leutnant ernannt. Er absolvierte die Kriegsakademie in Berlin und wurde 1907 in den Großen Generalstab des deutschen Heeres versetzt, wo er topographische Arbeiten ausführte. 1913 kam er in die „Abteilung für Landesaufnahme“ beim sächsischen Generalstab in Dresden. Während des Ersten Weltkriegs war der mittlerweile zum Major aufgestiegene Zanthier an der Westfront in Frankreich im Einsatz.
Weil das deutsche Heer nach dem verlorenen Krieg auf 100.000 Mann reduziert werden musste, wurden 1919 alle militärischen Landesaufnahmebehörden des Deutschen Reiches in zivile Ämter umgewandelt. Aus der „Abteilung für Landesaufnahme“ beim sächsischen Generalstab ging die „Landesaufnahme Sachsen“ hervor, die 1921 als Zweigstelle in das neu gegründete „Reichsamt für Landesaufnahme“ eingegliedert wurde. Hans von Zanthier, der als Oberstleutnant aus der Armee ausgeschieden war, wurde Direktor der neuen Behörde. Die von ihm geleiteten Topographen stellten bis 1928 die Karte 1 : 25 000 von Sachsen fertig, an der seit 1898 gearbeitet worden war. Ab 1925 wurden außerdem Blätter für eine neue Grundkarte des Deutschen Reiches im Maßstab 1 : 5 000 aufgenommen.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten kam es zu grundlegenden Veränderungen im deutschen Vermessungs- und Kartenwesen. 1938 wurde das Gebiet des Deutschen Reiches in Hauptvermessungsbezirke unterteilt, wobei aus der „Landesaufnahme Sachsen“ die „Hauptvermessungsabteilung III (HVA III)“ hervorging. Zu deren Direktor wurde der bisherige Landesaufnahme-Chef Zanthier berufen. Den Zenit seiner Karriere erreichte er im Herbst 1944, als das nationalsozialistische Regime noch einmal Strukturveränderungen im Vermessungswesen vornahm. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1944 wurde die sächsische „Kataster- und Messungsverwaltung“ der HVA III unterstellt, wodurch der HVA-Direktor Vorgesetzter aller im Staatsdienst tätigen Geodäten und Kartographen wurde.
Obwohl er eine Führungsposition innehatte, gehörte Zanthier nicht der NSDAP an. Er wurde deshalb nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 von sowjetischen Besatzungsoffizieren und kommunistischen Funktionären als Gesprächspartner akzeptiert. Durch geschicktes Verhandeln erreichte er, dass die HVA III unter dem Namen „Hauptvermessungsamt Sachsen“ weiterarbeiten konnte. Im Oktober 1945 errichtete dann die unter sowjetischer Aufsicht stehende „Landesverwaltung Sachsen“ ein „Landesvermessungsamt“.
Bevor der 70-jährige Zanthier pensioniert wurde, suchte er noch im zerstörten Dresden nach einem neuen Dienstgebäude für die Vermessungsoberbehörde. Nach langwierigen Verhandlungen konnte das Amt im Herbst 1945 in ein ehemaliges Militärgebäude am Königsplatz, dem jetzigen Olbrichtplatz, ziehen. Das Gebäude, das bis heute als Sitz der sächsischen Vermessungsverwaltung dient.
Seinen Ruhestand verbrachte Zanthier im westlichen Teil von Deutschland. 1968 veröffentlichte er in der Zeitschrift „Sächsische Heimat“ einen Aufsatz, in dem er sich mit der Geschichte der sächsischen Landesaufnahme in den letzten 200 Jahren befasste und zugleich eine Bilanz seines Berufslebens zog. Der ehemalige Vermessungsdirektor verstarb am 29. Dezember 1969 im rheinland-pfälzischen Saarburg.
Im Herbst 2025 jährt sich zum 80. Mal der Einzug der sächsischen Vermessungsverwaltung in das Gebäude, um das sich Hans von Zanthier 1945 so intensiv bemüht hatte. Spätestens dann erinnern wir noch mal ausführlicher an die wechselvolle Geschichte dieses Hauses.
Autor: Peter Bien, GeoSN / Referat 32